Donnerstag, 19. Mai 2016

Volgograd der nächste Tag, Geschichte, Aikido und Widersprüchliches fügt sich zusammen

Wir waren gestern schon im Panarama, dem Kriegsmuseum über die Schlacht von Stalingrad.
Im 2. Weltkrieg wütete hier die schrecklichste und längste Schlacht.
Es wurde alles eingesetzt was zur Verfügung stand, es gab sogar Selbstmordattentate russischer Soldaten mit Molotow Cocktails, weil keine Waffen mehr da waren. Und als auch das aufgebraucht war kämpften die Soldaten mit Fäusten und Messern gegeneinander.
Der Hügel über der Stadt wurde über hundert Tage verteidigt. Heute steht dort die "Mutter Heimat", die größte Staute der Welt, wenn man den Sockel der Freiheitsstatue in New York nicht mitrechnet.

Die Mühle wurde nicht wieder aufgebaut, sondern steht als Mahnmal noch heute unverändert neben dem Panarama Museum.

Im Museum waren Artefakte dieser Schlacht zu sehen, und es war beeindruckend.
Wenn man bedenkt, dass auf beiden Seiten eigentlich rechtschaffene Menschen gekämpft haben, die Einen, weil sie dachten es sei richtig zu tun was Ihnen gesagt wurde und die Anderen um ihre Heimat zu verteidigen. Allerdings ist klar wer hier im Unrecht war, das ist nicht u leugnen. Die Zeugnisse im Museum sind allerdings Zeuge des Leides auf beiden Seiten.

Nn, und heute wurde ich wieder abgeholt, diesmal von Ilija, einem Aikido Freund von Lilijana.
Wir fuhren in die Stadt um Lilijana zu treffen und später kam noch eine Deutsch Schülerin von Lilijana dazu.
Wir gingen nach dem Besuch der Statue und der Umgebung noch etwas Essen, Lilijana hatte noch Unterricht, wir sollten sie abends beim Aikido wieder treffen.

Aikido-dessen erklärtes Ziel der Frieden in der Welt ist in einer Stadt die geprägt ist von einer der schlimmsten Schlachten, die die Welt erlebt hat, die mit äußerster Brutalität und Hass geführt wurde.
Gedanken die mich hier die ganze Zeit bewegt haben. Immer wieder kamen mir die Worte "Nie wieder" in den Sinn. Und nun bin ich in Russland und übe die wohl friedlichste Kampfkunst die wir kennen. Eigentlich eine Entwicklung die nur wünschenswert ist. Wir überbrücken kommunikative, kulturelle Unterschiede und Hindernisse, lassen uns aufeinander ein und lernen miteinander.
Und das "Danke" meiner Aikido Freunde erlebe ich als ernst gemeint.
Ich hoffe mein "Danke" wurde ebenso ehrlich wie es gemeint ist, verstanden.
Das erste Mal habe ich eine Ahnung davon bekommen wie O´Sensei diesen Anspruch für Frieden in der Welt gemeint haben könnte. Denn dieser Anspruch entstand bei ihm auch aus Erlebnisse aus dem Krieg. Heute abend sagte ein Aikido Freund zum Abschied sinngemäß "Wir machen den Anfang für die Freundschaft zwischen Russland und Deutschland!" Ja genau so soll es sein!
Wieso brauchen wir Menschen einen solchen Anlass um endlich etwas zu verstehen...?

Wie ich hier aufgenommen wurde, wie man sich um mich gekümmert hat, das ist unglaublich!
Das hat alles Lilijana angeleiert, Danke dafür, ich habe mich gut aufgehoben gefühlt!

Abends war also Aikido. Es ist wunderbar in dieser Weltweiten Gemeinschaft zu Hause zu sein, die weit über jede Matte hinausreicht.
Die Gruppe in Volgograd war an Tamura Sensei orientiert, seit dieser starb ist man an Sensei Yamada orientiert. Auch Stéphane Benedetti spielt hier eine Rolle.
Das Dojo ist in einem Haus mit Concierge im 6.Stock.
Und mit allem was man für ein starkes Training benötigt, Holzwaffen, Sandsäcke, und Autoreifen stehen zur Verfügung. 
Die Matte ist mit LKW Plane abgedeckt, was zum reinigen sicher sehr praktisch ist. Und es trainiert sich erstaunlich gut darauf.
Auch die Kamiza sucht ihres gleiches, Das Portrait von O´Sensei füllt die ganze Wand aus. Sehr beeindruckend. 
Was mir sofort auffiel, war, dass die Yudansha keinen Hakama trugen. Ich habe glatt vergessen warum das so ist.
Das Trainig fing mit intensivem Aufwärmen an und es folgten Ikkyo in verschiedenen Varianten, deren Ausführung ich so nicht kannte und noch nicht geübt hatte.
Aus Ai hanmi liess man sich greifen und trat etwas aus der Linie und gab im Ellenbogen nach, bis die Hand des Ukes am eigenen Körper anlag.
Aus dieser Position streckte man den gegriffenen Arm am Zentrum des Ukes vorbei, danach wurde mit dem Armhebel das Gleichgewicht gebrochen.
Dabei stand nicht wie gewohnt der innere Fuß hinten sondern direkt neben dem Uke.
Das hat auch geklappt, war aber anders als ich es gelernt habe.
Aber deswegen geht man ja auf Reisen, um Neues zu entdecken. Das Training war sehr intensiv, und ging mit Sankyo, verschiedenen Irimi Nage und Shihonage weiter. Den Abschluss bildete ein martialischer Kokyu Nage.
Am Ende des Trainings habe ich meine Souvenirs verschenkt und es wurden noch Fotos gemacht.
Mein Transport war natürlich von Liljana schon organisiert worden, es war wieder einmal perfekt.
Jetzt liege ich total fertig im Bett und schreibe diese Zeilen.


Leider hat mich eben auch die Nachricht vom Tod eines lieben Menschen erreicht, Gott sei Dank erfahre ich davon eben erst. Mein Tag wäre weniger fröhlich gewesen.
Ich denke an Dich Kurt Ernst!




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen